Fanias Traum Noten in Not. Das Mädchenorchester von Auschwitz.

Fanias Traum
Noten in Not. Das Mädchenorchester von Auschwitz.
Ein filmisches Hörstück.
Das Mädchenorchester wird 1943 von der SS gegründet, um die Offiziere im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau zu unterhalten und den Marsch der Gefangenen auf dem Weg zur Zwangsarbeit zu begleiten. Bei der Rückkehr der Arbeiterinnen spielen die Musikerinnen ebenfalls – und dabei können sie sofort sehen, welche der Frauen die tägliche Arbeit nicht überlebt hat. Trotzdem müssen die Wanderlieder und Märsche schwungvoll und fröhlich vorgetragen werden. Viele der überlebenden Frauen erzählen später, dass die Bilder aus dem Konzentrationslager sofort vor ihre Augen traten, wenn sie nach Jahren dieselben Stücke wieder hörten.
Die Aufnahme in das Orchester unter der Leitung der Dirigentin Alma Rosé, der Tochter des berühmten Violinvirtuosen Arnold Rosé und Nichte des Komponisten Gustav Mahler, wird für die Mädchen zur musikalischen Lebensversicherung, denn sie werden von der Zwangsarbeit und dem Tod in den Gaskammern verschont. Die SS-Oberaufseherin Maria Mandl lässt sogar eine eigene Baracke für die Mädchen bauen, in der es einen Ofen gibt, um die Instrumente vor der Feuchtigkeit zu schützen und damit spielfähig zu halten. Auch der berüchtigte Lagerarzt Josef Mengele schätzt die Kunst der Mädchen. Die Cellistin Anita Lasker-Wallfisch erinnert sich, dass Mengele immer wieder Schumanns „Träumerei“ von ihr hören wollte. Ein beliebtes Stück bei der Lagerleitung, wie auch die Sängerin Fania Fénelon in ihrer Autobiographie schildert: „Achtung! Mädchen, schnell! Herr Kommandant Kramer kommt! Eingefroren in ein eindrucksvolles Stillgestanden erwarten wir Kramer. Er tritt ein, begleitet von zwei SS-Offizieren… Er geht auf die für diesen Zweck aufgestellten Stühle zu, setzt sich, nimmt die Schirmmütze ab und legt sie neben sich hin… Immer noch Stillgestanden, wie es sich gehört, wenn man mit einem Offizier spricht, fragt Alma ängstlich: Was möchte der Herr Lagerführer hören? – Die Träumerei von Schumann. Und sehr gefühlvoll fügt er hinzu: Das ist ein bewundernswertes Stück, das geht ans Herz.… Entspannt hebt der Lagerführer seinen Kopf und teilt mit: Wie schön, wie erregend!“
Das Projekt „Fanias Traum“.
Ursprünglich sollte es ein Theaterstück über das Mädchenorchester in Auschwitz werden, dessen Premiere im September 2020 vorgesehen war, aber die Verordnungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie und die damit verbundene komplette Schließung unserer Spielstätte haben eine künstlerische Arbeit über viele Monate hinweg fast unmöglich gemacht.
So entstand aus der Not heraus die Idee zu „Fanias Traum“, die eine formal und inhaltlich teilweise neu ausgerichtete filmische Auseinandersetzung mit dem historischen Stoff bedeutet:
Die französische Sängerin Fania Fénelon ist Überlebende des Mädchenorchesters von Auschwitz-Birkenau. 1966 zieht sie mit ihrem Lebensgefährten, dem afroamerikanischen Sänger Aubrey Pankey, in die Deutsche Demokratische Republik, wo sie mehrere Alben für die Amiga aufnimmt und an der Leipziger Theaterhochschule das Fach Chanson unterrichtet.
Es ist der 2. September 1966.
Fania sitzt in ihrem Garten und erwartet prominenten Besuch, der sie offiziell im Namen der Regierung im Arbeiter- und Bauernstaat willkommen heißen soll.
Sie schläft für einen Augenblick ein und begegnet im Traum ihrer Vergangenheit, nämlich der Violinistin und Orchesterleiterin Alma Rosé, die für sie bewundertes Vorbild und gehasste Rivalin zugleich war, sowie der Aufseherin über das Orchester, der als „Bestie“ bekannten Lagerführerin Maria Mandl, und dem Musikliebhaber Lagerkommandant Josef Kramer.
Alle drei sind bereits tot. Alma ist 1944 im Konzentrationslager unter ungeklärten Umständen plötzlich verstorben, Mandl und Kramer wurden nach dem Krieg rechtskräftig verurteilt und hingerichtet.
Nur Fania ist noch am Leben und muss sich täglich ihren Erinnerungen an das Konzentrationslager, die Mitgefangenen, den Hunger, den Tod als ständigen Begleiter und die körperlichen und seelischen Qualen stellen.
Im Film wechseln sich Traumsequenzen ab, die einerseits das Geschehen, „dieses Nichtleben“ im Konzentrationslager und das zwischenmenschliche Verhältnis von Alma und Fania im Jahr 1944 in Birkenau nachzeichnen, und die andererseits damit experimentieren, wie ein Zusammentreffen von Tätern und Opfern im Jahr 1966 hätte aussehen können.
Fania Fénelon beschreibt in ihrem Buch „Das Mädchenorchester von Auschwitz“ ausführlich vor allem das Verhältnis zu den genannten drei Personen in seiner ganzen menschlichen Widersprüchlichkeit, die wir in unserer filmischen Erzählung durchdenken und musikalisch begleiten.
Eintritt: 8,- € / ermäßigt 5,- €
Karten gibt es hier: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! oder 0176 722 61 305
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